Umkämpfte Wirklichkeiten. Agenturen des Realen auf Europäischen Filmfestivals
Valerie Dirk
Europäische Internationale Filmfestivals kann man als komplexe agonale Dispositive begreifen, in deren Wettbewerben sich auffällig häufig Filme durchsetzen, die einen konkreten Weltbezug herstellen. Basierend auf dieser Prämisse untersucht die Dissertation Wettbewerbsformationen auf A-Festivals – der Fokus liegt auf den Festivals in Cannes, Berlin, Karlovy Vary und Venedig -, um die Hervorbringung von Wirklichkeits-, Wahrheits- und Weltbezügen auf filmkultureller Ebene in Europa seit den 1990er-Jahren zu reflektieren. Dabei wird sowohl auf klassische Realismustheorien der Filmwissenschaft zurückgegriffen wie auf zeitgenössische Neue Materialismen und Realismen. Insbesondere Karen Barad liefert mit ihrer agentiell-realistischen Methode ein Instrument, um Welt und Film nicht reduktionistisch als ästhetische Spielart, als formales Konstrukt oder ontologisch-materielle Gegebenheit zu sehen, sondern als bewegliches und dynamisches Zusammenspiel dieser und weiterer Phänomene. Die Dissertation wirft somit nicht nur eine neue Perspektive auf filmwissenschaftliche Realismustheorien, sondern reflektiert anhand des Fokus auf die Weltbezugnahmen von Filmfestivals auch europäische Filmkultur hinsichtlich ihrer historischen, globalen und post-kolonialen Verwobenheit.