tfm | Rotunde | Raum 2H 552
Althanstr. 14, 1090 Wien
Spätestens seitdem Weltwirtschaftskrise, Terrorbekämpfung, Massenflucht und Migration gravierende globale Herausforderungen darstellen, erweist sich die von der Theaterwissenschaft bereits seit geraumer Zeit postulierte Wiederkehr des Tragischen im Theater der Gegenwart als unübersehbar. Ausgehend von dieser Beobachtung fragt die Tagung danach, welche Spuren das Tragische in gegenwärtigen Theaterproduktionen bzw. -texten hinterlässt, und geht den ästhetischen Verfahren nach, die auf inszenatorischer und textproduktiver Ebene damit einhergehen. Wie wird Tragödie aktuell im Theater(-Text) gedacht? Wie verhält sich dieses Verständnis zu den drei fundamentalen Tragödientheorien, die die europäische Philosophie hervorgebracht hat, bzw. zu den Prozessmodellen der Teleologie (Aristoteles), der Dialektik (Hegel) und des Zyklus (Nietzsche), denen sie verpflichtet sind? Ist der Begriff des Postdramatischen für die Beschreibung gegenwärtiger künstlerischer Auseinandersetzungen mit dem Tragischen ausreichend oder bietet es sich an, weitere Konzepte dafür fruchtbar zu machen? Welchen Geschichtsbegriff postuliert die „Wiederkehr“ des Tragischen und welche politischen Implikationen ergeben sich daraus? Wie geht das Theater in der Nachfolge Einar Schleefs aktuell mit der Figuration des Chors um und welche Rückschlüsse lassen sich daraus hinsichtlich eines Denkens von Gemeinschaft und Individuum ableiten? Wie wirkt sich die gegenseitige Einflussnahme von performativer Praxis und philosophischer Theorie in Hinblick auf den Tragödienbegriff aus?
Die Tagung versammelt internationale WissenschafterInnen diverser Disziplinen sowie PraktikerInnen aus dem Bereich der Darstellenden Künste.
Keynotes
Ulrike Haß (Ruhr-Universität Bochum)
Hans-Thies Lehmann (Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt)
Freddie Rokem (Tel Aviv University)
Veranstaltet von Silke Felber (Hertha-Firnberg-Stelle des FWF) / tfm (Universität Wien)
in Kooperation mit S:PAM (Universität Gent)
Konzeption und Organisation
Silke Felber, Charlotte Gruber
Mitarbeit
Wera Hippesroither
PROGRAMM
Mittwoch, 8. November
Künstlerhaus 1050 Wien, Stolberggasse 26
Wiederkehr des Tragischen?
14 Uhr
Silke Felber (Wien)
Eröffnung
Stefan Hulfeld (Wien)
Grußworte
14.45h
Hilde Haider (Wien)
(WIEDER-)BEGEGNUNGEN. Antike Tragödien im Theater des 21. Jahrhunderts
15.30h
Asmus Trautsch (Berlin)
Die tragische Gegenwart auf der Bühne: Wie kommen Makrostrukturen ins Theater?
– Pause –
16.45h
Annika Rink (Mainz)
Tragödie3 – Die Potenz des Tragischen
17.30h
Lutz Ellrich (Köln, Berlin)
Die (spürbare) Latenz des Tragischen im Theater der Gegenwart
– Pause –
19.00h
Hans-Thies Lehmann (Frankfurt)
Keynote:
Palaia Diaphora. Der alte Hader zwischen Philosophie und Tragödie und das Theater heute
(Videovortrag)
Im Anschluss Brot & Wein
Donnerstag, 9. November
Künstlerhaus 1050 Wien, Stolberggasse 26
Antigone revisited
Moderation: Stefan Hulfeld (Wien)
9.15h
Freddie Rokem (Tel Aviv)
Keynote:
What’s Niobe to her? Revolt and Lament in Productions and Readings of Antigone
10.15h
Artur Pełka (Łódz)
Antigones Nachkommen
– Pause –
11.30h
Nicole Haitzinger (Salzburg)
Antigone Sr.: Das kreolisierte Tragische in den szenischen Künsten der Gegenwart
12.15h
Nadine Jessen (Wien) / Martin Jörg Schäfer (Hamburg)
Neubefragung der Affekte. Tragödienreferenzen bei Trajal Harell und Ann-Liv Young
– Mittagspause –
Tragödie und Hikesie
Moderation: Inge Arteel (Brüssel)
14.30h
Tamara Fröhler (Tübingen)
Iphigenia unbound – Zur Tragödie als Denkform des engagierten Theaters
15.15h
Vicky Angelaki (Reading)
Democracy for the Dispossessed: Radical Approaches to Greek Tragedy in Contemporary Austrian Theatre
– Pause –
16.30h
Bernhard Greiner (Tübingen)
Gott/Schutz-Befohlen: Elfriede Jelineks Umkehrung tragischer Narrative des Aischylos und Nietzsches
17.15h
Patrick Primavesi (Leipzig)
Flucht, Asyl und Theater
Freitag, 10. November
Künstlerhaus 1050 Wien, Stolberggasse 26
Figurationen des Tragischen
Moderation: Monika Meister (Wien)
9.15h
Ulrike Haß (Bochum)
Keynote:
Palimpseste für ein Theater der Gegenwart
10.15h
Sebastian Kirsch (Bochum)
Sorge und Erkenntnis, Chor und Protagonist
– Pause –
11.30h
Inge Arteel (Brüssel)
Vereinzelte. Sichtbare und hörbare Einsamkeit in neueren Inszenierungen von Medea und Tod des Empedokles
12.15h
Silke Felber (Wien)
Perlentauchen. Benjamin, Arendt, Jelinek
– Mittagspause –
Schichten des Tragischen
Moderation: Gabriele C. Pfeiffer (Wien)
14.30h
Stella Lange (Innsbruck)
Europa – eine Tragödie? Milo Raus Empire (2016) und die Suche nach einem „Schluss“
15.15h
David Krych (Wien)
„Der Anfang der Geschichte.“ Zur Verbindung vom Tragischen und von Ursprungsnarrativen in Kunsttheater und Theaterwissenschaft
– Pause –
16.30h
Lorenz Aggermann (Gießen)
Prometheus. Materialisationen des Tragischen im (gegenwärtigen) Musiktheater