Medienwissenschaftliches Kolloquium #1

16.11.2017 18:30

Stephan Trinkaus: Prekäre Gemeinschaft

tfm | Rotunde | Raum 2H558
Althanstraße 14, 1090 Wien

 

"Prekäre Gemeinschaft handelt von Relationalität, genauer handelt sie von der Vorgängigkeit und notwendigen Unbestimmtheit der Relation. Keine Bestimmung, kein Ausschluss ist in der Lage, eine stabile, dauerhafte also nichtprekäre Entität zu begründen, vielmehr bringt jeder Ausschluss immer auch etwas hervor, dessen Status innerhalb seiner eigenen Logik unbestimmt, prekär bleiben muss. Was wir teilen ist gerade diese Nichtbestimmbarkeit, diese Prekarität. Prekäre Gemeinschaft ist also kein Behältnis, in das man eintreten kann und das vor den Unbilden der Welt schützt, sondern das Gemeinsame einer Erfahrung der Unmöglichkeit eines solchen Behältnisses. Es geht darum, dieses Gemeinsame einer unmöglichen Erfahrung nicht auszuschließen, nicht zu identifizieren, sondern zu halten.  Das wäre etwas völlig anderes als Anerkennung. Halten, eine diffraktive Theorie des Haltens, bezieht sich vielmehr darauf, dass es Nicht-Anerkennung, dass es gewissermaßen eine Anerkennung des ‚Nicht-‘, des Nichtanerkennbaren und Nichtintegrierbaren gibt. Von hier, von dieser Fluchtlinie aus, das wäre die Hoffnung, könnte eine Politik prekärer Gemeinschaft - vielleicht - ihren Ausgang nehmen."

 

Das Medienwissenschaftliche Kolloquium Wien (MKW)

 

Mit dem Medienwissenschaftlichen Kolloquium Wien (MKW) startet im Wintersemester 2017/2018 eine neue Veranstaltungsreihe am TFM, die sich die medienwissenschaftliche Forschungs- und Nachwuchsförderung zur Aufgabe macht. Forschungen über die Kulturgeschichte audiovisueller Medien verfolgen das Ziel, die Geschichte der Medien nicht nur im Hinblick auf technische Innovationen, sondern vor allem unter Berücksichtigung der mit ihnen einhergehenden kulturellen Dynamiken zu untersuchen. Neue Medien lösen alte Medien nicht im technologischen Sinne ab, sondern verändern die Bedingungen von Diskursen, Verhaltens- und Wahrnehmungsweisen, kurz: die kulturellen Dynamiken von Selbst- und Weltverhältnissen. Diese Dynamiken zu reflektieren und dabei eine produktive Skepsis gegenüber allzu bekannten diskursiven Mustern wachzuhalten, ist die zentrale Aufgabe von Medienkulturwissenschaft. Sich mit der Kulturgeschichte audiovisueller Medien auseinander zu setzen bedeutet, stets aufmerksam zu bleiben, für die kulturellen Prozesse, die mit diesen Veränderungen einhergehen: wenn etwa im Zusammenhang neuer Medien von Reizüberflutungen, Irritationen von Wissensordnungen, einer größeren Nähe zur Gegenwart, gesteigerten Partizipationsmöglichkeiten oder einer technischen Ersetzung menschlicher Fähigkeiten gesprochen wird. Denn kaum ein Medium ist nicht mit diesen Attributen bei seiner Einführung versehen worden. Neue Medien verändern nicht nur die Bedingungen von Kultur, sie werden zum zentralen Stichwort jener Diskurse, die kulturelle Veränderung problematisieren. Wenn es um Medien geht, geht es insofern immer auch um die grundlegenden Fragen kultureller Ordnung: Geschlechterdiskurse sind in diesem Zusammenhang von zentraler Bedeutung sowie Vorstellungen von Universalität und Partikularität, von Subjektivität und Kollektivität, von Handlungs-, Wahrnehmungs- und Empfindungsfähigkeit, von Körpern und Maschinen, von künstlichen und ‚echten’ Welten.

Das Medienwissenschaftlichen Kolloquium Wien (MKW) richtet sich vor allem an KollegInnen, DoktorandInnen und Masterstudierende des TFM-Instituts und der Philologisch-Kulturwissenschaftlichen Fakultät. Die Themenstellungen liegen in den Bereichen Mediengeschichte und Medientheorie und bilden gegenwärtige Diskussionen im Fach ab. Zu den Schwerpunkten zählen mikropolitische Perspektivierungen von Medien, film- und medienübergreifende Gouvernementalitäts- und Affektstudien, Postcolonial, Queer und Gender Studies, medienhistorische Subjekttheorien, alte und neue Materialismen. Medienwissenschaftlich zu denken heißt nicht zuletzt sich mit den Bedingungen der eigenen Forschung auseinanderzusetzen. Mediale Rahmungen von Handlungs- und Denkweisen werden oftmals erst durch den Blick in und den Umgang mit Theorie und Geschichte diskutierbar, ein Blick der darauf abzielt, eigene gegenwärtige Erfahrungen und Wahrnehmungen in kulturelle, politische und historische Zusammenhänge zu stellen.

 

Kontakt: andrea.seier@univie.ac.at

Location:
Rotunde, Raum 2H558, Institut für Theater-, Film- und Medienwissenschaft, Althanstraße 14, 1090 Wien
Medienwissenschaftliches Kolloquium
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