Phantasmen und Experimente der Retheatralisierung bei Farina (1883-1943), Charles Dullin (1885-1949) und Jacques Copeau (1879-1949)
Der Schauspieler ist kein lebendes Wesen mehr, das Körper und Seele hat, er ist ein passabler Phonograph. Charles Aubert, 1901
Drei Theaterpraktiker, die in Paris zwischen 1900 und dem Ende der 1920er-Jahre Projekte der Retheatralisierung verfolgen, stehen im Zentrum dieser Dissertation: Farina (1883-1943), Charles Dullin (1885-1949) und Jacques Copeau (1879-1949).
Farina verschreibt sich der Wiederbelebung der Weißen Pantomime, zeitgleich fällt Dullins und Copeaus Diagnose zum französischen Gegenwartstheater negativ aus: Schauspieler seien nur mehr Deklamatoren, der Naturalismus habe jede Übertragungsleistung zwischen Alltags- und Bühnenwirklichkeit zunichtegemacht und die Bühnen mit Dekoration überfüllt, Literaturdominanz habe zu Geschwätzigkeit geführt.
Mäandernde Suchbewegungen werden unternommen, um ein neues, ostentativ artifizielles Theater der Typenfiguren und Theatermasken zu kreieren, das dem Akteur den gesamten Körper als variables Ausdrucksmittel zurückgibt. Die Blicke Farinas, Dullins und Copeaus richten sich dabei auf ein häufig idealisiertes Gestern der Theatergeschichte – Commedia dell’arte, Farceure, Théâtre des Funambules –, aber auch in die exotistisch gefärbte Ferne Japans oder Afrikas, und auf die Zirkusse und Music-Halls im Jenseits des Kunsttheaterrahmens.
Grundlagenforschung zu diesen Suchbewegungen, die als ephemere Truppengründungen, experimentelle Schauspielpädagogik, Veränderung der Aufführungspraxis, Beteiligung am Theaterdiskurs Gestalt annehmen, werden in dieser Arbeit nachgezeichnet und historisiert, im von der Archivarbeit inspirierten Modus des Spurensuchens und Fährtenlesens.
16.30–18.00 Uhr