Herzliche Einladung

25.11.2022 16:45 - 23:59

Gastvortrag von Marion Linhardt am Fr, 25.11., 16.45 Uhr, HS5 Geozentrum.

Herzliche Einladung!

Gastvortrag von Prof. Dr. Marion Linhardt (Universität Bayreuth)

Fr, 25.11., 16.45 Uhr
UZA II, Geozentrum, Hörsaal 5.

Damals, als das Theater (noch) nicht modern war.

Überlegungen zum Theatralitätsgefüge im deutschsprachigen Raum in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts

Die Jahrzehnte im Vorfeld der sogenannten „historischen Avantgarde“, also jene Epoche, die in Fachkulturen wie der Literatur- oder der Kunstgeschichte in der Regel als „Realismus“ bezeichnet wird – diese Jahrzehnte haben vonseiten einer Theaterwissenschaft, die sich als „Kunstwissenschaft“ begriffen hat, lange Zeit kaum Aufmerksamkeit gefunden. Dieses Desinteresse lag wohl wesentlich darin begründet, dass die Bühnenpraxis dieses Zeitraums dem Anschein nach kein durchschlagendes Innovationspotenzial besaß. Aus sozialhistorischer bzw. institutionengeschichtlicher Perspektive sind die betreffenden Jahrzehnte in erster Linie dadurch gekennzeichnet, dass in ihnen das von Stefan Hulfeld so gefasste „Kunsttheater“ aufgrund einer erheblichen Verdichtung der Theaterlandschaft im deutschsprachigen Raum so viele Menschen als Publikum erreichte wie niemals zuvor. Und es mögen diese Jahrzehnte gewesen sein, die der Verengung des Theater-Begriffs auf Theater im Sinn der Inszenierung (musik-)dramatischer Texte besonders Vorschub geleistet haben. Die Annahme, Theater oder Theatralität außerhalb der Institution „Theater“ sei im mittleren und späteren 19. Jahrhundert weitgehend zurückgedrängt gewesen, könnte sich mit den Beobachtungen Richard Sennetts decken, der in seiner großangelegten Studie zum Verhältnis von Psyche und sozialer Interaktion seit dem „Ancien Régime“ The Fall of Public Man (1977) von der Stadt des 19. Jahrhunderts als einer „city of passive spectacle“ spricht und „silent observation as a principle of public order“ dieser (Stadt-)Gesellschaft herausstellt. Vor dem Hintergrund von Sennetts historisch-theoretischen Ausführungen diskutiert der Vortrag eine Reihe bekannter und weniger bekannter Schau-Ereignisse im Übergang von Lebenstheater und Kunsttheater.

 

Prof. Dr. Marion Linhardt, Theaterwissenschaftlerin an der Universität Bayreuth. Stipendiatin der Deutschen Forschungsgemeinschaft und des Hochschul- und Wissenschaftsprogramms der Bayerischen Staatsregierung. Promotion 1996, Habilitation 2005 mit einer Arbeit zur Topographie des unterhaltenden Theaters in Wien im 19. und frühen 20. Jahrhundert. Langjährige Mitarbeiterin des Forschungsinstituts für Musiktheater (Schloss Thurnau) sowie Fachbeirätin und Redakteurin bei Die Musik in Geschichte und Gegenwart. Mitarbeiterin u. a. im internationalen Forschungsprojekt „Musiktheater in Deutschland 1900–1950“ (NWO / DFG), im interdisziplinären Netzwerk „Räume der Stadt. Perspektiven einer kunstgeschichtlichen Raumforschung“ (DFG) und im britisch-deutschen Forschungsprojekt „West End and Friedrichstraße: a comparative study of popular theatre in London and Berlin, 1890–1939“ (AHRC / DFG). 2010–2014 Schriftleiterin der Nestroyana, seit 2013 (mit Beatrix Müller-Kampel) Herausgeberin von LiTheS. Zeitschrift für Literatur- und Theatersoziologie (http://lithes.uni-graz.at/lithes.html).

Längerfristige und aktuelle Forschungsschwerpunkte: Theaterwissenschaftliche Stadtforschung; Konzepte für eine integrale Theatergeschichte; Populärkultur; Kindertheater im 18. Jahrhundert; Geschichte des Bühnenkostüms.

Location:
UZA II Geozentrum, HS 5