Prof. Dr. Beilenhoff 1943 - 2021

26.02.2021

Zum Tod des Filmwissenschaftlers Wolfgang Beilenhoff

Am 24. Februar 2021 ist unser Kollege und Freund Wolfgang Beilenhoff in Berlin an den Folgen einer Coronainfektion gestorben.
Als Filmwissenschaftler, Semiotiker und Slavist hat er Jahrzehnte lang interdisziplinär und gegen das „akademische Grenzwächtertum“ gewirkt. Er hat mitgeholfen, die Filmwissenschaft am Wiener tfm-Institut zu etablieren und in vielfältigen Zusammenarbeiten gefördert. Dafür gilt ihm unser langanhaltender Dank.
Von 1991 bis zu seiner Emeritierung war Beilenhoff Professor für „Theorie und Ästhetik des Films“ an der Universität Bochum, seither Senior Fellow am IKKM der Bauhaus Universität Weimar, dazu Gastprofessor in Moskau, Berlin, Vilnius und Tiblisi.

Berühmt sind die von Wolfgang Beilenhoff 1973 auf Deutsch herausgegebenen Schriften zum Film von Dziga Vertov in der Reihe Hanser, und im Jahr darauf ein zweites gelbes Bändchen, Poetik des Films. Deutsche Erstausgabe der filmtheoretischen Texte der russischen Formalisten im Fink Verlag, weiters der bei Walther König veranstaltete wunderbare Reprint des von El Lissitzky gestalteten Gedichtbandes Für die Stimme von Vladimir Majakovskij, mit dem Daumenregister, das dem Dichter erlaubte, mit einem Griff das passende Gedicht je nach der Stimmung im Publikum aufzuschlagen. Dann viele wichtige Aufsätze zur Kultur der Avantgarde, insbesondere der osteuropäischen, aber auch zu den Hüten in Hans Richters Vormittagsspuk, den Traktoren als Wunschmaschinen, den Händen des Konstruktivismus. Schließlich die stark erweiterte Neuausgabe von Poetika Kino als Suhrkamp Taschenbuch Wissenschaft.
Seine Arbeiten sind bleibender Bestand der Film- und Medienwissenschaft. Vor allem aber werden wir seine lebendigen, oft überraschenden und immer erhellenden Beiträge in unseren Debatten vermissen. 

Klemens Gruber
Andrea Seier
Andrea B. Braidt

Wolfgang Beilenhoff widerspricht dem sich verdüsternden Himmel des sozialistischen Realismus

Der Medienwissenschaftler W. B. fotografiert vor dem frischrenovierten Melnikov-Haus in Moskau ein Schild mit der Aufschrift „Nicht auf das Gras treten, es wächst ja nur.“