Staatsaktionen zwischen Repräsentation und Parodie


Projektleitung: Univ.-Prof. Dr. Stefan Hulfeld
MitarbeiterInnen: Mag. Eva-Maria Hanser, Mag. Doris Hillebrand, Bettina Jeschgo, Mag. Dr. Matthias Mansky
Laufzeit: 01.03.2011–31.07.2014
Fördergeber: FWF



Projektbericht:

Stefan Hulfeld, Matthias Mansky, Eva-Maria Hanser: Tauschhandel in Sachen Theater. Zur Edition und inhaltlichen Erschließung der Spielhandschrift Ia 38.589 (Wienbibliothek).

Projektbericht zum Download



Edition der Spielhandschrift Ia 38.589 (Wienbibliothek):

Band 1 der Edition erscheint 2015. Das Dokument enthält die zwei Beispieltexte "Der Schwehst ligt unden" sowie "Der durchlauchtige Kohlenbrenner" und gibt damit Einblick in die in Vorbereitung befindliche Edition.

Download des Beispieltextdokuments



Projektbeschreibung:

Das Forschungsprojekt versteht sich als Impuls für eine theater- und kulturwissenschaftliche Erfor-schung deutschsprachigen Wandertheaters, indem es einen unpublizierten Spieltexte-Kodex des späten 17. Jahrhunderts transkribiert und innerhalb verschiedener Kontexte analysiert. Im Zentrum steht die Frage, welchen Beitrag Wandertheater mit der spezifischen Form der so genannten „Haupt- und Staatsaktion“ zur Inszenierung, Diskursivierung und Parodie des absolutistischen Staates leistete. In-wiefern ist diese Theaterform als ein spezifischer Modus sozialen Interagierens zu verstehen, in dem sich virulente Subjektentwürfe und Gesellschaftsbilder einerseits spiegeln, und dem andererseits ein Potenzial inhärent ist, die damit verbundenen Werte sowohl zu repräsentieren als auch ad absurdum zu führen? – Dieser Frage wird im Kontext anderer Inszenierungs- und Visualisierungsformen von Staat nachgegangen. Antworten werden von drei Arbeitsbereichen her entwickelt:

a) Erstens wird der inzwischen in seiner außerordentlichen Bedeutung erkannte, 14 Spieltexte auf rund 600 Blättern umfassende Kodex Ia 38589 der Wienbibliothek transkribiert, in eine Studienausgabe überführt und kommentiert. Damit leistet das Projekt zum einen Grundlagenforschung, zum anderen stellt es einen Materialkorpus ins Zentrum, von dem her sich sowohl inhaltliche als auch methodische Fragen präzise reflektieren lassen.

b) Zweitens wird die „Haupt- und Staatsaktion“ im Kontext anderer Theaterformen kulturwissen-schaftlich interpretiert. Das Theater der professionellen Wandertruppen wird diesbezüglich als kulturelle Praxis verstanden, die sich in Affinität und Differenz zu explizit höfischen Theaterformen an der Wirklichkeitskonstitution beteiligt, indem sie existenzielle Fragen der Subjekte und Konstituen-ten gesellschaftlicher Ordnung spielerisch vergegenwärtigt und komödiantisch parodiert. Hans Wurst – jene Figur, welche Brechungseffekte und Perspektivwechsel maßgeblich verantwortet –, steht im Zentrum einer kulturwissenschaftlichen Theoretisierung dieser besonderen szenischen Form.

c) Im dritten Arbeitsbereich werden „Staatsaktionen“ der Wandertruppen im Verhältnis zur Visualisie-rung der Staatsordnung in Cultural Performances (Feste, Feiern, Zeremonien etc.) sowie in Diskursen der Schriftkultur (Staatstheorie, Zeremonialwissenschaft, Tanztraktate etc.) erforscht. Dass die insze-nierten Staaten der Wandertruppen stets als „Theater“ erkennbar blieben, lässt deren Doppeldeutigkeit zwischen Repräsentation und Parodie erahnen.


Link zum Bericht über das Projekt auf uni:view

 

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